Ich bin berühmt !

Naja, so ein bisschen. Zumindest in der größten Gautinger Facebook-Gruppe.

Da weiß jetzt jede*r, dass ich FreiWild als zumindest rechtsoffene, musikalisch mediokre Combo ablehne und dass ich für mich selbst beschlossen habe, gendergerecht zu schreiben.

Sind das wichtige Informationen über mich? Ich weiß es nicht. Klar, es ist ein wichtiger Teil meiner Persönlichkeit, dass mir Gerechtigkeit am Herzen liegt. Daraus ergibt sich für mich zwingend, gegen rechte Strömungen zu sein und das auch in meiner Sprache auszudrücken.

Ob das immer mal wieder pejorativ in solchen Foren, die ja eigentlich zur Information über lokale Themen dienen sollen, auftauchen muss?  Sagt Ihr es mir.

Ich persönlich nehme es als Kompliment, wenn alte weiße Männer sich ereifern, wie ich mich äußere und frage mich gleichzeitig, wo die falsch abgebogen sein müssen, dass sie keine besseren Themen haben. Vielleicht sollte ich Mitleid haben? Aber nein, so ein gute Mensch bin ich dann doch nicht. Ich finde es ziemlich abstoßend, dieses Gegeifere und diese Versuche Menschen, die Dinge anders sehen zu diskreditieren zu suchen. Zumal wenn man damit rechten Gruppierungen in die Hände spielt.

Wer mich kennt weiß, dass ich niemandem verbieten will schlechte Musik zu hören oder das generische Maskulin zu verwenden. Das können Geschmack und Anstand, aber ich will es nicht.

Daher verstehe ich den Aufriss nicht. Vielleicht stinkt es den Herren ja, dass sie tief im Inneren wissen, dass ich richtig liege und sie halt nicht? Aber dazu äußern sie sich ja nicht weiter.

Abwertung raushauen, und das wars.

Ist es das, was uns gesellschaftlich weiter  bringt? Ach ja, das war im Rahmen der Ankündigung eine Veranstaltung der BI Gegenwind im Würmtal, die bekanntermaßen gern Seite an Seite mit der AFD demonstrieren und aus deren Reihen auch gerne mal Diskreditierungs- und Vergrämungsversuche gegen mich gestartet werden. Hier der Thread, falls es wen interessiert. Und hier und hier.

Andererseits, wenigstens werfen die Herren keine Steine und trauen sich nur in der Sicherheit des Internet zu stänkern :-)

Wir mögen politisch nicht immer, eigentlich wirklich selten, auf einer Linie sein, dennoch mag ich unseren Landrat Stefan Frey gern. Das ist jetzt kein Geheimnis und es ist auch wichtig, Politik und Privates trennen zu können.

Letztens haben wir uns unterhalten, weil wir uns im Rahmen das Wahlkampfs recht häufig sehen. Und es ging auch um Wahlkampf.

Ich mache das sehr gerne, mag die vielen verschiedenen Termine und dass ich so vieles Neues lerne. Das habe ich auch so erzählt, woraufhin der Landrat meinte, für ihn sei das eher unproduktive Zeit, die er lieber produktiv nutzen würde.

Das hat mich dann überlegen lassen. Könnte ich sie Zeit besser nutzen? Bin ich unproduktiv, weil ich gerne auf Termine wie das inklusive Spiel-und Sportfest, wo diese Unterhaltung statt gefunden hat, wahrnehme? Ich finde nicht. Denn gerade in Wahlkampfzeiten ist die Nähe zu den Wähler*innen am intensivsten. Man nimmt sich mehr Zeit für Gespräche, als es im politischen Alltag normalerweise möglich ist. Für mich ist das immer Inspiration und Rückversicherung, wo ich nachbessern muss. Und es ist nicht nur so, dass ich mir mehr Zeit nehme, es sind auch die Bürger*innen weit mitteilsamer. Mehr als sonst auf Veranstaltungen, mehr als in Telefonsprechstunden oder wenn sie mir schreiben.

Das ist eben auch ein Aspekt von Wahlkampf, man muss ihn nur wahrnehmen. Und das mache ich sehr gerne :-)

Ich hatte einen freien Nachmittag. Ganz frei. Kein Job, kein Wahlkampf und so Sachen wie Haushalt und Garten müssen warten.

Es war so schönes Wetter und das Erdbeerfeld bei uns in der Nähe riecht bei jedem Vorbeigehen verführerisch.

Also bin ich hin. Und habe in sengender Sonne 10 Kilo Erdbeeren geerntet. Das dauert seine Zeit und man kann sich viele Gedanken machen.

Zunächst: Ich gehe nicht aufs Feld, weil die Erdbeeren dann billiger sind oder weniger gespritzt. Ich gehe aufs Erdbeerfeld, weil ich nicht vergessen will, dass unsere Erdbeeren, ebenso wie Spargel und einige andere Lebensmittel, über deren Preis wir uns gerne im Supermarkt ärgern, viel Arbeit mit sich bringen. Unter anderem die Ernte. Und das ist ein Knochenjob. Nach meinen zehn Kilo tut mir der Rücken ordentlich weh und heute, da ich meine Gedanken niederschreibe, spüre ich Rücken und Beine noch immer. Was ist eigentlich das Tagespensum eine*r Erdbeerpflücker*in? Und was verdienen diese Leute? Oxfam hat das ganz aktuell untersucht, hier ist der Bericht

Horrende Kosten für die Unterkunft, eine unredliche Verquickung von Akkord-und Stundenlohn und nicht ausreichende Sozialversicherung. Das sind Zustände, die es in Deutschland nicht geben darf.

Und nein, das ist nicht (allein) die Verantwortung von Verbraucher*innen und Markt. Da muss die Politik tätig werden.

Das war ein Teil meiner Gedanken auf dem Feld. Die anderen hatten mit den am Strauch vertrockneten Erdbeeren zu tun. Wir haben seit Wochen kaum Niederschläge. Selbst meine Wiese wird braun, die gemähten Rasenflächen der Gemeinden, die nicht gießen ohnehin. Die Sonne brennt bei über 30 Grad vom Himmel.

Wollen wir jetzt noch die Gedanken zusammenführen? Ich bin nach einer guten halben Stunde weitergezogen.

Die Erntehelfer*innen arbeiten 10 Stunden am Tag und ich glaube, dass trotz Mietpreisen von bis zu 40 EUR/qm gibt es da keine Klimaanlage, keinen schattigen Garten.

Ich will niemandem seine Erdbeeren vermiesen, ich gönne sie jedem, aber wir dürfen nicht die vergessen, die uns diesen Genuss ermöglichen.

Fairer Löhn für harte Arbeit und faire Preise für hochwertige Produkte. Anders geht es nicht. Nicht für Erntehelfer*innen, nicht für Landwirt*innen und nicht für uns alle. Nur gemeinsam und solidarisch können wir noch aus der Krise kommen.

Aber etwas Schönes dann auch noch:

 

Als ich gestern so meine E-Mails an der frischen Luft las, ploppte plötzlich eine email mit automatische generiertem Titel  „per E-Mail senden: Gendersensible Sprache statt Sprach-Verhunzung KOMMUNAL.pdf“ in meinem Posteingang auf.

Hui, dachte ich so, da hat mein Spam-Filter versagt, der sonst so zuverlässig alle libido- und genitalvergrößernden Werbeangebote sofort in den Papierkorb befördert. Aber, dieses E-Mail kam vom Bürgermeister von Krailling. Dort wo ich Gemeinderätin bin. Dort wo dem generischen Maskulin nicht der Anstand, sondern ein Gemeinderatsbeschluss eine Ende machte. Ja, ich habe einen Beschluss erwirkt, damit in Publikationen der Gemeinde wenigstens die Frauen mit genannt werden und nicht einfach so “ a dabei“ sind. Also “ Sehr geehrte Damen und Herren“ statt nur, wie es der damalige Bürgermeister sich vorstellte „Sehr geehrte Herren“ (mit einem Sternchen zur Fußnote, dass mit jeder Nennung der männlichen Form alle anderen mit gemeint sind).

Soweit so gut. Eigentlich nicht, denn gut hat er die Gemeinderatsentscheidung nicht aufgenommen und mir in Folge mehrfach den Unsinn gendergerechter Sprache manpslained.

Das ist jetzt fast 4 Jahre her. Und heute bekomme ich, ohne weiteren Kommentar ein Pamphlet, das Dr. Josef Lange, der für den „Rat der deutschen Sprache“ fordert, die Deutsche Sprache nicht zu verhunzen (ich bin ja schon dankbar, dass er sich die Vergewaltigungs-Metapher spart). Und zwar: Die Leute verstehen sonst die Verordnungen nicht.

Gut. Zunächst mal zu Dr. Lange, der hat mal irgendwann Katholische Theologie, Geschichte und Politikwissenschaft studiert (zwei davon habe ich auch studiert und es hat meinem schriftlichen Ausdruck nachhaltig geschadet) und ist seit dem von Universitätsgremium zu Forschungsgremium gependelt und schließlich in Niedersachsen Staatssekretär zu werden. Wikipedia beschreibt ihn als „Verwaltungsbeamten Josef Lange“ um ihn abzugrenzen von Schriftstellern und Journalisten gleichen Namens (und mit sprachwissenschaftlicher Kompetenz)

Und dessen Lamento auf den Untergang der deutschen Amtssprache im bedeutenden literarischen Magazin „Kommunal“ bekommen wir nun kommentarlos zugesandt. Offensichtlich leidet der Bürgermeister sehr darunter, dass die laute, rothaarige Feministin ihm neben vielen, weit schlimmeren, Schlappen auch diese beigebracht hat. Dabei wäre es als Frau doch mein Job ihm dieselben zu bringen!!!!

Und nun sitze ich hier auf dem Rücken meines treuen Pferdes und sinniere. Und immer wieder kommt mir ein Terminus in den Sinn „alter weißer Mann“ . Auf wen ich mich beziehe, den Dr. Lange oder den Bürgermeister darf sich jede*r selbst aussuchen.

Eigentlich mag ich solche pejorativen Ausdrücke nicht.  Und ich selbst habe, gerade im Horseoffice  auch „Alter-weißer-Mann-Momente“. Nämlich immer dann wenn ich durch den Wildpark reite und meinen im Galopp genommenen Weg eine Horde Wildschweine kreuzt. Hier kann ich es ja verraten: Ich stelle mir dann immer vor, ich sei Gandalf der Weiße in „die zwei Türme“, wie er auf seinem Schimmel den Hang hinunter in die Ork-Armee  galoppiert. Wenn Sie nicht direkt und ohne nach links und rechts zu schauen auf genau diesen Beitrag gekommen sind: Ich bin eine rothaarige, mittelalte Frau, die auf ihrer Rappstute durch die Gegend schaukelt und dabei so vor sich hin sinniert. Also mangelnde Empathie für alte weiße Männer kann man mir nicht unterstellen.

Aber das hier ist so cringe ich weiß gar nicht, was ich da noch sagen soll…meinen die Herren wirklich, Amtsdeutsch wird durchs gendern unverständlich? Dann sollen sie mal meine Eltern fragen, die sich bereits in der guten alten Zeit, wo wir noch alle Männer waren über die Unverständlichkeit öffentlicher Bekanntmachungen geärgert haben.

Es gäbe übrigens für den Dr. Lange ein Lösung, aber die findet der Deutsche Rechtschreibrat auch doof: Texte zusätzlich in einfacher Sprache anzubieten. In einfacher Sprache wird, um es halt einfach zu halten, auf Gendergerechtigkeit verzichtet. Und da ist es auch ok. Aber einfache Sprache ist halt auch für Leute mit Leseschwäche, die nicht aus dem deutschsprachigen Raum kommen oder sonst Probleme haben, wenn es zu komplex wird. Dafür sind viele Gründe legitim. Ignoranz und Misogynie sind keine davon. Wenn ich was nicht kann, ok, aber wenn ich einfach keinen Bock hab?

Also, ich gender‘ gern, weil ich es einfach als Zeichen eines respektvollen und empathischen Miteinanders sehe. Aber ich verlange es nicht von anderen Privatpersonen. Das soll jede*r halten wie er*sie es möchte.

Aber von Behörden, die für ALLE verbindliche Regeln machen, erwarte ich, dass sie auch ALLE ansprechen.

So schaut’s aus.

P.S. ich hab das sogar schon mal der Zeitung erzählt

 

Da ist er jetzt also, der Wahlkampf.

Der unangenehme Teil findet in den Kommunalparlamenten statt.

Seit Monaten besteht ein beachtlicher Teil unserer Kreistagssitzungen aus Ampel-Bashing. Weil die Ampel macht ja alles falsch und ist an allem Schuld. Bestimmt auch dran, wenn es zu viel regnet, oder zu wenig. Dass Extremwetterlagen wissenschaftlich belegt eine Folge des Klimawandels sind, der in 16 Jahren unionsgeführter Regierung einfach ignoriert und damit gefördert wurde, das interessiert nicht. Aber ich schweife ab.

Also, im Kreistag ist der Bund an allem Schuld. Auch wenn die Landesregierung Förderungen nicht gleich weitergibt. Und auch wenn das bayrische Verkehrsministerium seinen Anteil beim Projekt Brenner Basistunnel so lange verschlafen hat sind alle anderen schuld, dass uns ein Container-Umschlagbahnhof ins Naturschutzgebiet gebaut werden könnte. Halt. Es gibt kein Naturschutzgebiet, das den unermesslichen Wert unseres Pioniergeländes beweist. Das hat die CSU Jahrzehnte lang nachweislich verhindert. Und jetzt generiert sich diese CSU auf Gemeinde,-Kreis,- und auch Landesebene als Schützerin just dieses Geländes? Wirft mit Pressemitteilungen um sich, veröffentlicht Informationen aus nichtöffentlicher Sitzung und versucht, sich grundlegende Prozesse im kommunalen Planungsrecht auf die Fahnen zu schreiben.

Wer mich kennt, weiß, ich bin nicht unkritisch mit meiner Gemeindeverwaltung, aber eine unstrittige Selbstverständlichkeit, wie die Erstellung eines Bebauungsplans zu beantragen und dann zu behaupten, ohne diesen Antrag würde nichts passieren ist schon albern. Noch alberner ist es, Parteimitglieder in die Sitzung zu bestellen, die ganz zufällig nachfragen, ob der Aufstellungsbeschluss (Standardverfahren in der kommunalen Bauplanung und ganz klar gemeinsame Marschrichtung ALLER Fraktionen) nicht ein CSU Antrag wäre. Liebe CSU, wollt ihr nur von Eurem Versagen in den letzten Jahrzehnten ablenken, das uns in diese Situation gebracht hat? Oder habt ihr so wenig inhaltlich zu bieten, dass ihr auf solche billigen Manöver zurückgreift?

Apropos Anträge: Sehr schön finde ich da ja, dass ein Antrag unserer Fraktion Einzug in den Frühlingsempfang der FDP gehalten hat. Noch schöner hätte ich es gefunden, wenn er erst mal bei uns im Gemeinderat erledigt worden wäre. Oder wir wenigstens für diese Information eine Einladung vom Bürgermeister erhalten hätten ;-) Aber das nur als Fun Fact am Rande und ich freu mich über die Anerkennung meiner Arbeit durch Nachahmung :-)

Das selbe wie mit dem Pioniergelände passiert mit der verheerenden Kinderbetreuungs-Situation in Krailling. Ehrlich? Das soll der Bürgermeister in drei Jahren ganz allein verursacht haben? Ihr traut dem politischen  Mitbewerb schon viel zu. Die heutige Situation ist Resultat von vielen Jahren Fehlplanung, aber nicht nur auf Gemeindeebene. Denn da braucht es flächendeckende Lösungen. Da ist es wie beim Gewerbe: Die Landespolitik fördert Konkurrenzsituationen, wo wir um Probleme lösen zu können, dringend Kooperation brauchen:

  1. kein Wachstum um jeden Preis, dem wir infrastrukturell und sozial nicht gewachsen sind. Besonders leiden unter den horrenden Lebenshaltungskosten im Kreis und im ganzen Einzugsbereich Münchens Menschen in sozialen Berufen. Weil vom Klatschen bezahlt sich keine Wohnung.
  2. den Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht Investor*innen.
  3. Grundaufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen und nicht mit Verweis auf mangelnde Einnahmen einfach ignorieren. Wenn wenig Geld da ist, kommt es auf Prioritäten an.
  4. Mit den Bürger*innen gemeinsam Lösungen suchen. Das bedeutet Transparenz, auch wenn das bedeutet eingestehen zu müssen, dass es nicht rosig aussieht. Aber das bedeutet auch, Bürger*innen nicht nur dann einzubeziehen, wenn Wahlen anstehen.

Es ist auch sehr spannend, dass angeblich unmögliche Einsparungen doch möglich gemacht werden können…ich hatte den Gemeindehaushalt abgelehnt, da 1/3 unseres Haushaltsdefizits für eine CEF Maßnahme, die vermieden werden könnte und eine teure Straßenerneuerung ausgegeben werden.

Die beste CEF-Maßnahme  ist die, die man nicht braucht. Denn sie ist ein Ausgleich dafür, dass etwas zerstört wird. Hier der Lebensraum des Waldwiesenvögelchens, einer vom Aussterben bedrohten Falterart. Doch statt die Möglichkeit, den Bebauungsplan sinnvoll anzupassen, fgibt die Gemeinde 750.00 EUR  für die Möglichkeit (nicht die Sicherheit) aus, die kleinen Schmetterlinge umzusiedeln. Wenn es nicht klappt, hat die Natur Pech gehabt und wir 750.000 EUR zum Fenster rausgeworfen. Falter weg und Geld weg.

Ich bin wirklich nach der letzten Gemeinderatssitzung ziemlich desillusioniert. Aber ich bin auch motiviert, weil so darf es nicht weitergehen.

Ich will irgendwann nicht mehr Ergebnisse erzielen, weil ich lästiger bin, als das was ich haben will. Ich will einen offenen politischen Diskurs, bei dem das bessere Argument zählt und nicht, wer es vorgebracht hat.

Und ich würde mir wünschen, dass nicht die Jagd nach Stimmen die Politik beherrscht, sondern das Streben nach der besten Politik für unsere Gemeinde, unseren Kreis und unser Land. Für alle (!) die hier leben.