Psychische Gesundheit geht uns alle an. Immer.

Kein Nischenbereich

Millionen Menschen in Deutschland sind von einer psychischen Erkrankung betroffen. Schon vor der Pandemie waren darunter viele junge Menschen. Die Zahl der Erkrankungen nahm bekanntlich dann während der Pandemie bis heute dramatisch zu. Die ambulante und stationäre Versorgungslage für psychisch Erkrankte ist in vielen Teilen Deutschlands katastrophal. Wir dürfen nicht vergessen, dass jede*r von einer seelischen Krise oder psychischen Erkrankungen im Laufe seines*ihres Lebens betroffen sein kann, niemand ist davor gefeit.

Vor allem Depressionen, Ess-, Zwangs- und Angststörungen sowie Suchterkrankungen haben zugenommen und die Zahl derer, die Hilfe suchen, steigt enorm. Dabei zeigen sich dann die strukturellen Probleme in Bezug auf die psychotherapeutische, psychiatrische und ärztliche Versorgung. Qualifizierte Hilfe ist gefragt, aber viel zu wenig vorhanden – mit teils dramatischen Konsequenzen für die Betroffenen.

Darüber reden kann Leben retten. Wenn wir es richtig machen.

In Deutschland sterben mehr Menschen infolge eines Suizids als infolge eines Autounfalls, darunter erschreckend viele junge Menschen. Wie können wir das verantworten? Zu lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz oder anderweitige Betreuung kosten im schlimmsten Fall ein Menschenleben.

Bis vor wenigen Jahren war das Thema „Mental Health“ noch kein wirklich sichtbares, hörbares, erfahrbares. Langsam rückt es in den Fokus der Medien und einiger Influencer, die das Thema für sich entdeckt haben, um zu einer Entstigmatisierung und Aufklärung beizutragen– mit manchmal fragwürdigen Intentionen und Methoden. Mental Health ist ein Markt geworden und ein Marketinginstrument.

Wirkliche Aufklärung muss aber bereits in den Schulen und Ausbildungsstätten, später auch in den Betrieben und Unternehmen stattfinden. Im Sinne von Prävention und Früherkennung muss viel mehr getan werden, damit Krankheiten gar nicht erst entstehen oder zumindest frühzeitig erkannt werden. Viele Menschen schämen sich und trauen sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, aus Scham und Angst vor Stigmatisierung. Immer noch gelten psychisch Kranke als verrückt, zuweilen als gefährlich, als minderwertig oder faul – die Liste ist lang.

Dabei könnten wir gesellschaftlich schon viel weiter sein. Es ist wichtig, dass Aufklärungs- und Anti-Stigma-Kampagnen die gesamte Gesellschaft erreichen, dass Trialoge in der Öffentlichkeit stattfinden, dass bereits in den Schulen aufgeklärt und gesprochen wird, dass Barrieren zur Inklusion psychisch kranker Menschen überwunden werden, dass wir also

Psychische Erkrankungen raus aus der Tabuzone holen.

Das strukturelle Problem

Es gibt keinen gleichen und flächendeckenden Zugang zur psychotherapeutischen, psychiatrischen und stationären Versorgung – auch nicht in Bayern. Wer auf dem Land wohnt, der*die hat womöglich noch weniger Glück, einen wohnortnahen Zugang zu Hilfsangeboten zu erhalten. Die ambulante Versorgung psychisch Kranker, vor allem im ländlichen Raum, muss deutlich verbessert werden, die Wartezeiten auf eine ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung müssen zudem dringend verkürzt werden. Und es gibt auch einen großen Verbesserungsbedarf im psychiatrischen Nothilfesystem. Last but not least sind natürlich Menschen mit niedrigem Einkommen oftmals nicht ausreichend versichert und nicht so privilegiert wie privat Versicherte.